Der Goldrute an den Kragen
Die Spätblühende Goldrute ist im Kaltbrunner Riet weit verbreitet. Die extensive Nutzung mit einem Streuschnitt im Herbst kommt dieser aus Nord Amerika stammenden Pflanze sehr entgegen. Sie blüht erst im Hochsommer und hat somit die nötige Zeit, um sich im Schutzgebiet bis zur Samenreife zu entwickeln. Sie verbreitet sich jedoch nicht nur über ihre Flugsamen, sondern bildet über Wurzelausläufer sehr dichte Bestände. Einmal etabliert, verdrängt sie so zusehend die einheimische und seltene Riedvegetation und damit auch den Lebensraum seltener und geschützter Tierarten.
Alarmierende Entwicklung trotz wirksamer Bekämpfungsmassnahmen
Seit fünf Jahren bekämpft die Geschäftsstelle des Kaltbrunner Riets in Zusammenarbeit mit Landwirten und in gemeinnützigen Arbeitseinsätzen die Problempflanzen systematisch. So wurden jährlich in prioritären Beständen Goldruten zusätzlich zur Herbstmahd einmal im Frühling gemäht oder in Handarbeit ausgerissen. Zudem wurden auf einer Fläche von 8500m2Goldruten mitsamt den Wurzelläufern abgeschürft. Die Erfolgskontrolle der Bekämpfungsmassnahmen und die erneute Dokumentation aller Goldrutenbestände im Schutzgebiet zeigten auf, dass die seit 2013 angewendeten Bekämpfungsmassnahmen gut wirken. Bestände konnten flächenmässig und bezüglich der Goldrutendichte stark reduziert werden. Der jährliche Aufwand von 500-700 Arbeitsstunden hat sich somit gelohnt. Das Monitoring zeigte aber auch deutlich, dass sich seither zahlreiche kleinere und grössere Goldrutenbestände neu etabliert haben. Zudem haben sich diverse Bestände, die bisher nicht bekämpft wurden, massiv ausgebreitet und sind heute deutlich dichter. Die Fläche der Goldrutenbestände hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt.
Die Goldrute bekämpfen aber nicht auf Kosten von Rietbewohnern
Die alarmierende Entwicklung hat auch die letzten Zweifler überzeugt, dass es höchste Zeit ist, noch intensiver gegen die Goldrute vorzugehen. Aus der neu erarbeiteten Neophytenstrategie für den Kanton St. Gallen geht klar hervor, dass es sich beim Kaltbrunner Riet um ein Schutzobjekt handelt, in dem mit hoher Priorität Neophyten bekämpft werden sollen. Um die Flachmoorvegetation und den Lebensraum für viele, auch bedrohte Arten längerfristig erhalten zu können, sollen die bisherigen Massnahmen gegen die Problempflanze ab diesem Frühling auf zahlreiche zusätzliche Teilflächen im Riet ausgedehnt werden. Dies bringt aber auch grössere Störungen während der Brutzeit mit sich. Mitte Mai bis Mitte Juli brüten in den extensiven Wiesen beispielsweise noch einige Braun- und Schwarzkehlchen. Das Schutzgebiet ist eines der letzten Brutvorkommen des Braunkehlchens im schweizerischen Mittelland. Das Ziel ist, mit einem Monitoring der Neststandorte und mit räumlich und zeitlich gut abgestimmten Bekämpfungsmassnahmen die Störung und das Risiko für Nestverluste möglichst zu verhindern.
Mit vereinten Kräften
Die Goldrutenbekämpfung ist ein langwieriges und arbeitsintensives Unterfangen. Die Bestände müssen während Jahren zusätzlich gemäht oder die Pflanzen ausgerissen werden. Die Geschäftsstelle des Kaltbrunner Riets ist deshalb auf die Mithilfe der Landwirte und anderer Organisationen angewiesen, um den deutlichen Mehraufwand zu stemmen. Gemeinsam mit Pro Natura St. Gallen-Appenzell werden die Stiftung Lebensraum Linthebene und Sr. Verena Lüscher von der Evangelischen Schwesternschaft Saronsbund in Uznach mit Flüchtlingen, Freiwilligen und Schulklassen gegen die Goldruten ankämpfen. Auch die Standortgemeinden Kaltbrunn, Uznach und Benken haben ihre Unterstützung zugesichert. Das Amt für Natur, Jagd und Fischerei des Kantons SG hat die notwendigen Bewilligungen erteilt und stellt die Finanzierung der anfallenden Kosten sicher.
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Dr. Antonia Zurbuchen, Stv. Geschäftsführerin Pro Natura St. Gallen-Appenzell
078 641 34 77, @email