23.01.2018

Die schönsten Wiesen im Kanton St. Gallen

St. Galler Wiesenkönig erkürt
Fünf Mal haben der WWF, Pro Natura, das Landwirtschaftliche Zentrum Salez und der Bauernverband im Kanton St. Gallen Wiesenmeisterschaften durchgeführt. Dabei wurden praktisch alle Regionen berücksichtigt. Die Königin unter den Wiesen liegt im Weiler Lüsis oberhalb von Walenstadt. Kein Wunder wachsen soviele Blumen, wenn sie das tiefe Blau des Walensees erblicken.

Der Weiler Lüsis hoch über dem Walensee ist sonnenbeschienen und eine Rast im gleichnamigen Gasthaus ist besonders angenehm. Zumal die Heusuppe zu einer weitherum bekannten Spezialität geworden ist. Mit Grund: Nirgends unter den Dutzenden von angemeldeten Flächen war die Pflanzenvielfalt so gross wie bei Meinrad Ramer und seiner Frau. Wobei das Heu für die Suppe sogar vom Wildheuen stammt. Wenn Ramer Rapunzeln, Primeln oder Teufelskrallen erwähnt, weiss er, wovon er spricht. Schliesslich ist er an der landwirtschaftlichen Schule in Salez bei der Lehrabschlussprüfung Pflanzenbauexperte.

Insektenweide und Heilmittel

Ramers Beispiel zeigt aber auch, dass hinter der Artenvielfalt einer Blumenwiese und hinter ihrem Wert als Insektenweide noch mehr steckt: Zum Beispiel der Wert von Pflanzen als Heilmittel. Auf der Bergwiese zog er beim letzten Besuch plötzlich ein Messer hervor, klaubte eine Pflanze aus dem Boden und durchschnitt die Wurzel. Sie färbte sich dunkelrot. Dann sagte Meinrad Ramer: „Der Saft des aufrechten Fingerkrautes enthält einen Heilstoff gegen Magenbeschwerden. Ich verarbeite ihn zu einem Schnaps." Das St. Galler Gebiet des Walensees ist nach Süden ausgerichtet, der Sonne ausgesetzt und die Steillagen ungünstig für eine intensive Landwirtschaft. Das macht das ganze Gebiet zu einer grossen Blumenwiese-Perle. Auch Fridolin Bühlers Bergwiese oberhalb von Weesen glänzt mit Orchideen, wildem Thymian, Margriten, Fingerkraut, Herzblumen und Gräsern wie die Hainsimsen, die aufrechte Trespe oder das Zittergras.

Talwiesen weniger artenreich

Ganz so artenreich sind weiterunten liegende Wiesen nicht. Die schönste Talwiese besitzt Hans und Patrizia Gabathuler in Oberschan. Die auf fast 700 Meter liegende Fläche besitzt einen grossen Artenreichtum besonders erwähnenswert sind der kleine Wiesenknopf, die Wiesensalbei und der mittlere Wegerich.  Auch diese Wiese befindet sich oberhalb des Rheintales, denn in der Ebene, wo intensive Landwirtschaft möglich ist, gibt es praktisch keine artenreichen Wiesen mehr. Ausser beim Rheindamm, wo das Rheinunternehmen für die Sicherheit zuständig ist und Eugen Waibel in Diepoldsau eine artenreiche Wiese als Futterquelle für seine Pferde angelegt hat, oder im Ried bei Altstätten, wo Schutzverordnungen die noch verbleibenden ökologisch wertvollen Flächen sichern. Für seinen fast einen Kilometer langen Saum entlang eines Bachbeetes erhielt Eugen Waibel den zweiten Preis in der Kategorie Talwiesen. Unter den seltenen Arten bei ihm sind das Tausendgüldenkraut, Dost, Flockenblumen, Hopfenklee, Kuckuckslichtnelke, Vogelwicke, Wiesenbocksbart, Wiesenknopf, Wiesenplatterbse oder Witwenblumen zu finden.

Wertvolle Streuwiesen im Toggenburg

Unter den Streuwiesen ragt jene von Melchior Stauffacher aus Nesslau im Toggenburg hervor. Ein Teil seiner Blumenwiese dient als Rossheu und ein Teil als Streuwiese. Was in Stauffachers Wiese blüht, ist beachtlich: Es gibt gegen 30 verschiedene Arten. Darunter sind sechs selten. Dazu gehört die Mehlprimel, Wollgräser, das Sumpf-Herzblatt, der Alpenhelm (ein Sommerwurzgewächs), aber auch die Kugelorchis. Das gegenwärtige dramatische Insektensterben unterstreicht den Wert von artenreichen Blumenwiesen. Sie sind nicht nur eine Augenweide - ein Grund, für ihre Besitzer stolz zu sein - sondern sie leisten auch einen aktiven Beitrag gegen das Artensterben.

Auskunft:

Dr. Alfred Brülisauer, Projektleiter Wiesenmeisterschaften St. Gallen, Tel. 077 447 44 40, @email

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Die schönste Talwiese besitzen Patricia und Hans Gabthuler in Oberschan (Foto: Martin Arnold). Melchior Stauffacher aus Nesslau dominiert in der Kategorie Streuwiesen (Foto: Martin Arnold).