Rheintaler Wiesenmeisterschaft: Es gibt keine Verlierer
„Vielleicht gedeihen die Blumen so schön, weil Stephan Jud ihnen manchmal ein Ständchen singt.“ Martin Zimmermann, Geschäftsführer des WWF St. Gallen kann bei seiner Lobrede auf die Blumenpracht in Juds Wiese nur spekulieren. Tatsache ist aber, dass der Altstätter einen Sonderpreis in der Kategorie Streuwiesen gewonnen hat, aber auch bei der Kategorie Bergwiesen den zweiten Platz belegte. Die prämierten Flächen liegen auf über 800 Meter über Meer. Sie gehören zum landwirtschaftlichen Konzept des Landbesitzers, das neben dem Erhalt des Artenreichtums auch die Pflege von Hochstammbäumen und strukturierten Flächen mit Hecken und Büschen für die Vogelwelt beinhaltet. Kurz: Die naturnahe, nachhaltige Bodenbewirtschaftung Juds wurde von der Jury entsprechend honoriert.
Noch artenreicher in der Kategorie Bergwiesen war die Fläche von Hansjürg Kressig aus Eichberg. Voji Pavlovic, Pflanzenbauexperte des Landwirtschaftlichen Zentrums Salez, lobte Kressig und mit ihm grundsätzlich alle Bauern, die beispielsweise auf den „Anbau einer rentablen Christbaumkultur“ verzichteten, zugunsten einer artenreichen Wiese, die zwar weniger materiellen, dafür ideellen Wert habe. Dieses grüne Herz, das viele Bauern trotz der häufigen Auseinandersetzungen mit den Umweltverbänden hätten, sprach auch Beni Halter, Vertreter der Rheintaler Bauern in seiner Begrüssungsrede an. Für einmal sei eine WM im Rheintal nicht mit Leichtathletik, Skifahren oder Fussball verbunden, sondern mit Blumenwiesen, als Wiesenmeisterschaft. Aber weltmeisterlich sei es, wie viele Bauern ihre Blumenwiesen pflegten. Deshalb gebe es auch keine Verlierer, sondern nur Sieger. Die Pflege einer Blumenwiese verlange vom Bauern grosse Flexibilität und Einsatzwillen, er braucht ein Gespür für Flora und Fauna, einen guten Boden, die richtigen, vermehrungsfähigen Pflanzen und etwas Glück. Und weil es schwierig sei, dies mit einer neuen Pflanzung zu erreichen, sei es umso wichtiger, bestehende Blumenwiesen zu erhalten.
Den dritten Platz in der Kategorie Bergwiesen holte sich die Familie Zoller in der Gemeinde Au. Und – wie Voji Pavlovic erwähnte – die prämierte Wiese befindet sich in der Nähe von Reben. „Die Trauben lieben Standorte, die auch ein Potential für eine schöne Blumenwiese haben.“
Artenvielfalt vor dem Einfamilienhaus
Blumenreiche Talwiesen wurden weniger angemeldet. „Das liegt wohl daran, dass dieser Boden landwirtschaftlich intensiver genutzt wird.“ Antonia Zurbuchen, Co-Geschäftsführerin von Pro Natura St. Gallen vergab den ersten Preis namens der Jury denn auch an Eugen Waibel, Diepoldsau, der eine Wiese zwischen Rietbach und Rheindamm gepachtet hat, die eigentlich den Rheinunternehmen gehört. Die öffentliche Institution habe in den letzten Jahren viel zum Erhalt der Artenvielfalt getan und deshalb sei der erste Platz auch verdient. Auch die mit dem zweiten Platz prämierte Fläche auf dem Talboden ist von beachtlicher Grösse. Es ist auf dem Gemeindegebiet von Altstätten eine Pufferfläche zwischen dem Bannriet und der intensiv bewirtschafteten Landwirtschaftszone. Den Preis für diese artenreiche Wiese bekam Josef Gschwend. Den dritten Preis erhielt die Wiese von Oliver Züst und Hans-Rudolf Kuster, die auf Diepoldsauer Boden zwischen Einfamilienhäusern eine Blumenweide für ihre Honigbienen unterhalten. Antonia Zurbuchen: „Die Wiese ist nicht sehr gross, aber sie zeigt, dass auch im besiedelten Gebiet eine grosse Artenvielfalt möglich ist.“
Martin Arnold
Auskunft:
Wiesenmeisterschaft Rheintal, Beratungsbüro Ökologie + Landschaft Dr. Alfred Brülisauer, Tel: 077 447 44 40, Mail: @email